Psychoonkologie

Jedes Jahr erhalten ca. 500.000 Menschen in Deutschland die Diagnose Krebs. Obwohl die Möglichkeiten der heutigen Medizin in den letzten Jahrzehnten große Fortschritte bei der Behandlung von Krebserkrankungen gemacht hat und die Zahl der Langzeitüberlebenden dadurch immer weiter zunimmt, wächst gleichzeitig der Anteil der Langzeitüberlebenden, welcher auch Jahre nach Ihrer Krebserkrankung mit den Spätfolgen zu kämpfen hat. Die Psychoonkologie befasst sich mit den seelischen Auswirkungen einer Krebserkrankung auf den Menschen.

Was ist die Psychoonkologie?

Die Psychoonkologie ist ein Spezialgebiet der Psychotherapie und vereint Kompetenzen auf den Gebieten der Sozialberatung, der Psychotherapie, der Schulmedizin, der Komplementärmedizin, der Entspannungsverfahren, aber auch der existenziellen Psychotherapie und Philosophie.

Es handelt sich dabei um ein Forschungsgebiet, welches verglichen mit anderen Therapierichtungen noch recht jung ist. Dieses Gebiet ist vor ca. 30 Jahren durch die Krebsforschung entstanden und hat einen weltweiten Ruf als patientenzentrierte Behandlung von Krebspatienten. Es ist wissenschaftlich belegt, dass psychoonkologische Therapie die Lebensqualität von Krebspatienten steigert und das Befinden durch entsprechende Nachsorgeangebote deutlich verbessern kann. Auf dem Gebiet der Forschung ist gerade in den letzten Jahren sehr viel passiert. So sind mit der CALM-Studie und der Mika App zwei bedeutete Instrumente entwickelt worden, um die Gesundheitskompetenz der Patienten zu fördern und die Lebensqualität zu stärken.

Frau nach der Chemotherapie, die Arzt im Krankenhaus besucht.
© Pixel Shot / Adobe Stock

Auswirkungen einer Krebserkrankung auf die Psyche

Die psychischen Auswirkungen einer Krebserkrankung bzw. einer Krebsbehandlung zeigen sich oft erst viele Jahre nach Abschluss der Therapien. Dazu zählen Depressionen, Angststörungen, Anpassungsstörungen, Somatoforme Erkrankungen, sowie eine Fatique Symptomatik, welche sich oft wieder bessert, manchmal aber auch einen chronischen Verlauf nehmen kann. Darüber hinaus führt der Angriff auf die körperliche Unversehrtheit durch den Krebs nicht selten zu Schmerzstörungen, Sexualitätsstörungen und körperlichen Handicaps wie z.B. einem künstlichen Darmausgang, einer Perücke oder einer Prothese.

Fatigue-Syndrom nach Krebs

Die Auswirkungen einer onkologischen Erkrankung sind vielfältig. Eine dieser Spätfolgen kann das sogenannte Fatigue Syndrom, besser bekannt als chronisches Müdigkeitssyndrom, sein. Das Fatigue Syndrom ist eine emotionale, aber vor allem physische Erschöpfung, welche sich oft erst Jahre nach Abschluss der Krebsbehandlung einstellt.

Symptome

Bei dem Betroffenen zeigen sich dabei häufig Symptome wie z. B. eine extreme Müdigkeit, welche in keinem Verhältnis zu aktuellen Veränderungen des Aktivitätsniveaus steht. Besonders charakteristisch sind jedoch auch

  • eine verminderte Motivation an Alltagsaktivitäten,
  • ein als nicht erholsam und regenerierend erlebter Nachtschlaf,
  • diffuse Schmerzen in den Extremitäten,
  • eine deutliche emotionale Reizbarkeit sowie
  • die Notwendigkeit starker Anstrengung um die eigene Inaktivität zu überwinden.

Außerdem müssen die Beschwerden eindeutig auf die Tumorerkrankung zurückzuführen sein.

Diagnose

Die Diagnostik des Fatigue-Syndroms und die dahingehende Planung der weiterführenden Behandlung z. B. im Rahmen einer stationären Rehabilitation, ist dabei ein zentrales Element der psychoonkologischen Behandlung. Mit Hilfe umfangreicher diagnostischer Parameter wie z. B. dem Distressthermometer, einem Energietagebuch oder auch einer kognitiven Testung lassen sich die Symptome des Fatigue-Syndroms klar eingrenzen und mithilfe psychoonkologischer Expertise an einer Linderung der Beschwerden arbeiten.

Therapie

Je nach Krankheitsverlauf und Beschwerdebild bieten heutzutage Therapien, wie moderate sportliche Betätigung z. B. in Form des Onko-Walking, eine Behandlung durch Naturheilverfahren, sowie eine Ernährungsberatung und Akupunktur, vor allem aber der Aufbau einer Krankheitsakzeptanz und die Entwicklung eines daran angepassten Verhaltens, sehr gute Möglichkeiten zur Verbesserung der Lebensqualität und Linderung der Beschwerden.

Risiko für psychische Störung nach einer Tumorerkrankung

Es gibt zahlreiche Studien, die belegen, dass vor allem Depressionen und Angststörungen, die am häufigsten vorkommenden Störungen nach einer Krebserkrankung sind. Davon sind sowohl selbst erkrankte Personen als auch pflegende Angehörige gleichermaßen betroffen. Aus wissenschaftlicher Sicht ist das Risiko für die Entwicklung einer psychischen Störung nach Abschluss der Krebsbehandlung nicht allein von der Krebserkrankung abhängig zu machen. Vielmehr spielen die eigenen Ressourcen und das Vorhandensein stützender Umweltfaktoren wie z.B. die berufliche Tätigkeit, der Freundeskreis, eigene Interessen und die stützende Funktion der Familie eine zentrale Rolle, inwiefern es hier zur Ausbildung einer psychischen Störung kommen kann. Aber auch eigene genetisch bedingte anfällige Persönlichkeitsfaktoren, sowie die Entwicklung eines Fatiguesyndroms können die Ausbildung einer psychischen Störung begünstigen.

Was ist ein Psychoonkologe?

Die Weiterbildung zum Psychoonkologen wird durch die Deutsche Krebsgesellschaft initiiert und anhand eines festgelegten Curriculums in ganz Deutschland angeboten. Der psychoonkologisch ausgebildete Berater oder Therapeut hat die Aufgabe besonders bei Erstdiagnose, die an Krebs erkrankten Patienten sowie die pflegenden Angehörigen beim Aufbau einer Krankheitsakzeptanz und bei der Krankheitsbewältigung zu unterstützen.

Wer darf sich Psychoonkologe nennen?

Da es sich um eine gesetzlich nicht geschützte Berufsbezeichnung sowie um ein interdisziplinäres Fachgebiet handelt, kann sich theoretisch jeder, der mit Krebspatienten arbeitet und ein human-oder sozialwissenschaftliches Studium absolviert hat, auch Psychoonkologe nennen. Derzeit gibt es Bemühungen des Berufsverbandes Deutscher Psychologen den Beruf des Psychoonkologen als eigenständigen berufspolitischen Zweig zu etablieren. Im Rahmen der Zertifizierung durch die Deutsche Krebsgesellschaft ist die Weiterbildung und der Abschluss als Psychoonkologe jedoch Pflicht, sofern man in einem Krebszentrum oder einer Uniklinik tätig ist oder werden möchte.

Psychoonkologische Experten

Bei der Inanspruchnahme psychoonkologischer Expertise sollten Patienten stets darauf achten, dass der behandelnde Therapeut in einem wissenschaftlich anerkannten Therapieverfahren wie z. B.

  • der Tiefenpsychologie,
  • der Verhaltenstherapie,
  • der systemischen Therapie oder
  • der Gesprächspsychotherapie

ausgebildet ist und über eine von der Deutschen Krebsgesellschaft zertifizierte Weiterbildung auf dem Gebiet der Psychoonkologie verfügt.

Der Berufsverband der Psychologen zertifiziert zudem im Auftrag der Deutschen Rentenversicherung Bund die Qualität theoretischer Weiterbildung auf dem Gebiet der Psychoonkologie und praktischer Berufserfahrung in der stationären Rehabilitation mit dem anerkannten Abschluss des Fachpsychologen für Rehabilitation. Weiterführende Hilfe sowie Beratung und Adressen von Psychoonkologen in ihrer Region erhalten Ratsuchende auf der Seite des Krebsinformationsdienstes.

Therapieformen in der Psychoonkologie

Da es sich bei der Psychoonkologie um ein ganzheitliches Therapiegebiet handelt, umfasst die Versorgung der onkologischen Patienten von schulmedizinischen Maßnahmen, über komplementärmedizinische Behandlungen, psychotherapeutische Arbeit sowie der Sozialarbeit ein breites Spektrum. Im Gegensatz zu den regulären Psychotherapieverfahren kommen in der psychoonkologischen Behandlung vor allem systemische und gesprächspsychotherapeutische Therapien und Techniken zum Einsatz.

Psychoonkologie in der Rehaklinik

Da der Schwerpunkt der psychoonkologischen Behandlung derzeit häufig nur im Akutbereich zu finden ist, bildet die psychoonkologische Behandlung innerhalb einer stationären Rehabilitation derzeit noch immer eher die Ausnahme. Dies hat verschiedene Ursachen. Aus diesem Grund wollen vereinzelt Rehakliniken einen anderen Weg gehen und gezielt auch die immer wichtiger werdende psychoonkologische Versorgung der Patienten in der onkologischen Reha anbieten.

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Zuletzt geändert am: 05.01.2021

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