Cerebralparese

Der Begriff Cerebralparese (von lateinisch: cerebrum = Gehirn und griechisch: parese = Lähmung) ist in der Medizin auch unter dem Fachwort Infantile Cerebralparese (ICP) bekannt (ICD-Code: G80). Es handelt sich dabei um eine frühkindliche Hirnschädigung, die zu Störungen der Bewegungsabläufe und der Körperhaltung führt. Die Ausprägung der Erkrankung hängt wesentlich davon ab, welche Areale des Gehirns eine Schädigung aufweisen. Ist Ihr Kind von einer Cerebralparese betroffen, so gibt es vielfältige Förder- und Unterstützungsmöglichkeiten.

Was genau ist eine Cerebralparese?

Das Krankheitsbild der Cerebralparese ist sehr komplex und reicht von Lähmungserscheinungen über Lern- und Intelligenzminderung bis hin zu Epilepsie sowie Hör- und Sehbehinderung. Die Funktionsstörung des Gehirns führt meist zu Begleiterkrankungen beziehungsweise weiteren Folgeerscheinungen. Dazu zählen beispielsweise ein stark verzögertes Erlernen der Arm- und Handkoordination, Fehlstellungen der Gelenke oder Einschränkungen bei der allgemeinen Verständigung. Die Erkrankung ist nicht heilbar und variiert zwischen einer leichten Gangproblematik und einer erheblichen Schwerstmehrfachbehinderung, die mit einem dauerhaften Hilfebedarf im Alltag einhergeht.

Ursachen der Cerebralparese

Die cerebrale Bewegungsstörung hat vielfältige Ursachen, die entweder vorgeburtlich (pränatal), während der Geburt (perinatal) oder kurz danach (postnatal) entstehen. Mögliche Gründe sind

  • Sauerstoffmangel,
  • Hirnblutungen,
  • Infektionen im Mutterleib,
  • Frühgeburt,
  • Medikamenten- oder Alkoholmissbrauch der Mutter,
  • eine vorzeitige Ablösung der Plazenta oder
  • angeborene Hirnfehlbildungen.

Das Risiko für eine Erkrankung gilt als besonders hoch bei deutlich zu früh und/oder untergewichtig geborenen Kindern und der damit verbundenen Gefahr einer Mangelversorgung mit Sauerstoff.
 

Symptome der Cerebralparese

Die Symptome sind aufgrund des sehr geringen Alters des Kindes oft nicht leicht zu deuten. Das Nervensystem ist noch unreif und lässt bei Säuglingen zunächst keine deutlichen Anzeichen für eine motorische Störung oder eine neurologische Störung erkennen. Im Verlauf der ersten Lebensmonate sind nach und nach eindeutige Symptome sichtbar. Zunächst zeigt sich eine verminderte Beweglichkeit, später dann eine gering ausgeprägte Muskelkraft oder auch Schwierigkeiten beim Gebrauch der Hände und Arme. Einschränkungen beim Laufen und Stehen sowie im Bereich der Sprache und der kognitiven Entwicklung sind ebenfalls möglich.
 

Syndrome (Symptomkombinationen) bei Cerebralparese

Grundsätzlich besteht eine Einteilung der unterschiedlichen Störungsbilder in Form von Syndromen (Kombination von Krankheitssymptomen).

Spastische Syndrome

Sie sind das häufigste Erscheinungsbild bei einer Cerebralparese. Die Muskulatur steht unter einer hohen Spannung und neigt dabei zu Verkrampfungen. Die willentliche Muskelsteuerung ist kaum noch möglich (spastische Lähmung). Zusätzlich kommt es häufig zu einer Gelenkversteifung.

Dyskinetische Syndrome (dyskinetisch = griechisch: gestörte Bewegung)

Es besteht ein stetiger Wechsel zwischen erhöhter und verringerter Muskelspannung. Spastische Lähmungen sind die Folge.

Ataxie-Syndrome (Ataxie = griechisch: Unregelmäßigkeit)

Die Bewegungsabläufe erfolgen unkontrolliert und sind durch unbeabsichtigte Bewegungsmuster gekennzeichnet. Meist tritt zusätzlich ein Zittern auf.

Diagnosestellung

Eine gesicherte Diagnose Ihres Kindes basiert auf drei Punkten:

  • Erhebung der Krankengeschichte inklusive eventuell vorhandener Risikofaktoren
  • Klinische Untersuchungsergebnisse aus den Bereichen Entwicklungsneurologie sowie Neuroorthopädie
  • Darstellung der Hirnschädigung durch eine Magnetresonanztomografie (MRT)

Die vielfältigen Erscheinungsbilder der Cerebralparese machen eine besonders umsichtige Diagnostik erforderlich. Viele Symptome kommen auch bei anderen Erkrankungen vor, die es entsprechend auszuschließen gilt. Es ist wesentlich, ein Behandlungskonzept exakt auf die Fähigkeiten und Einschränkungen Ihres Kindes zuzuschneiden. Es ist beispielsweise möglich, dass Ihr Kind sehr gute motorische Fertigkeiten besitzt, jedoch kognitiv stark eingeschränkt ist, während es bei einem anderen Kind genau umgekehrt der Fall ist.

Kind während einer orthopädischen Untersuchung auf einer Liege durch Ärztin.
© Viacheslav Iakobchuk / AdobeStock

Die Behandlung von Cerebralparese

Die Therapie ist immer multidisziplinär ausgerichtet. Das bedeutet ein Zusammenspiel von verschiedenen medizinischen Fachrichtungen, die jeweils in die Behandlung Ihres Kindes involviert sind. Je früher die jeweiligen Therapien beginnen, desto bessere Fertigkeiten entwickelt Ihr Kind. Heilbar ist die Erkrankung nicht, jedoch lässt sich durch eine frühestmögliche umfangreiche Förderung eine Integration in das alltägliche Leben erreichen.

Die Behandlung sieht in erster Linie Physiotherapie und Bewegungstherapie sowie logopädische und ergotherapeutische Maßnahmen vor. Sie haben das Ziel Fertigkeiten zu erhalten, Bewegungsabläufe zu verbessern und mittels Koordinationstraining den Körper so selbstständig wie möglich zu steuern. Hinzu kommen bei Bedarf orthopädische Hilfsmittel in Form von Orthesen, Schienen oder Rollstuhl. Wenn erforderlich, so verordnet der behandelnde Arzt medikamentöse Wirkstoffe, die eine Reduzierung der Spastik ermöglichen.

Sind die nicht operativen therapeutischen Interventionen nicht erfolgreich oder verschlechtern sich die Symptome, ist eine Operation im Rahmen einer stationären Behandlung denkbar. Diese ermöglicht in bestimmten Fällen eine Verlängerung der stark verkürzten Muskulatur. Weiterhin kommen Gelenkversteifungen oder auch Umstellungen der knöchernen Strukturen vor. Eine Operation ersetzt nicht den sonstigen Behandlungsplan, sondern bietet ergänzend eine Verbesserung der Einschränkungen.

Reha bei Cerebralparese

Die Durchführung der rehabilitativen Maßnahmen bei einer Cerebralparese erfolgt in einer Kinder-und Jugendreha. Dabei gibt es sowohl ambulante als auch stationäre Rehabilitationen. Stationäre Aufnahmen erfolgen meist nach einer umfangreichen Operation und haben zum Ziel, Ihr Kind nach und nach wieder beweglicher zu machen. Häufig führen die Ärzte während der Maßnahme eine Gipsbehandlung durch. Auch eine Neuanpassung von Schienen und Orthesen ist Teil des Behandlungsplans sowie krankengymnastische Übungen. Teilstationäre und ambulante Aufenthalte sind oft auch möglich und richten sich nach der Diagnose und der Frage, ob ein geeignetes Angebot am Wohnort Ihres Kindes vorhanden ist.

Ein weiterer Grund für eine Reha-Maßnahme ist das grundlegende Entwickeln eines Behandlungsplans. Die Erkrankung besteht ein Leben lang, entsprechend gilt es im Rahmen interdisziplinärer Untersuchungen die bestmöglichen Therapiemaßnahmen zu entwickeln. Die Therapeuten stellen Ihr Kind ein auf Förderung und Übungen, die sich dann in Folge auch nach der Reha weiterführen lassen. Die Möglichkeiten sind dabei vielfältig und reichen von krankengymnastischen Übungen, über Sport- und Bewegungstherapie bis hin zu Sprachtherapie und Schulungen für Sie als Eltern.

Die Dauer der Maßnahme orientiert sich am Befund Ihres Kindes. Als postoperative Maßnahme dauert sie meist etwa sechs Wochen. Auch dreiwöchige Aufenthalte sind möglich. Die Klinik bespricht in jedem Fall den voraussichtlichen zeitlichen Rahmen vorab mit Ihnen. Die Krankenkassen übernehmen die Reha-Kosten bei entsprechender Indikation. Der behandelnde Arzt Ihres Kindes ist Ihnen bei der Beantragung behilflich.

Zuletzt geändert am: 04.03.2021

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