Achtsamkeitspraxis

Selbstfürsorge durch Achtsamkeit

Die Achtsamkeitspraxis hat ihre Wurzeln in den zweieinhalbtausend Jahre alten buddhistischen Lehren. Gautama Buddha vermittelte, dass mit Achtsamkeit alles erreichbar sein kann, was man als geistiges Wesen erreichen kann und bezeichnete dies als Hauptweg der Erleuchtung. Der Medizinprofessor Jon Kabat-Zinn der University of Massachusetts erkannte den Wert der darin enthaltenen Meditationen und Geistesschulungen für unser Leben im 21. Jahrhundert. Im Jahr 1979 entwickelte er aus diesen Übungen ein medizinisches systematisches Programm zur Stressbewältigung, das unter dem Namen MBSR (Mindfulness-Based Stress Reduction = Stressbewältigung durch Achtsamkeit) bekannt ist. 

Konzept der Achtsamkeit

Das Konzept der Achtsamkeit wurde im Rahmen buddhistischer Psychologie entwickelt, um im gegenwärtigen Augenblick mit all unseren Sinnen präsent zu sein. Achtsamkeitsübungen beinhalten Übungen des Innehaltens, des feinen Beobachtens und Loslassen im Alltag, der Modifizierung der inneren Haltung, um eine persönliche Entwicklung vorzunehmen, aber auch als Weg zur Selbsterkenntnis. Dichter, Philosophen und Psychologen verstehen Achtsamkeit als zentrales Element menschlicher Reifung und Weg zur tieferen Einsicht, Gelassenheit und Konzentration als „Ruhe im Zentrum des Sturms“.

Neurobiologische Zusammenhänge

Durch Achtsamkeitstraining lassen sich im Gehirn sowohl funktionelle als auch strukturelle Veränderungen nachweisen. Insbesondere in Bereichen, die mit Aufmerksamkeit und Gedächtnis, Interozeption (der Wahrnehmung eigener, innerer Körpervorgänge) und Verarbeitung von sensorischen Reizen zu tun haben, können diese Veränderungen gezeigt werden. Auch Gehirnbereiche, die für Selbst- und Autoregulation (inkl. der Kontrolle von Stress und Emotionen) verantwortlich sind, weisen neurobiologische Veränderungen auf.

Die neuronalen Wirkmechanismen der Achtsamkeit lassen sich systematisch daher in vier Bereiche einteilen:

  • Aufmerksamkeitsregulation
  • Körperwahrnehmung
  • Emotionsregulation
  • Selbstwahrnehmung

Auf neuroendokriner Ebene ist eine Beteiligung von Dopamin und Melatonin (Erhöhung), Serotonin (Modulation) sowie von Cortisol und Norepinephrin (Erniedrigung) nachgewiesen. 

Frau meditiert am Wasser
Achtsamkeitsübungen zur Stressreduktion

Achtsamkeitsübungen und Stressreduktion

Achtsamkeit kann zur allgemeinen Stressreduktion eingesetzt werden.

Achtsamkeit erlaubt uns, Situationen mit Offenheit zu begegnen, selbst wenn Gefühle wie Angst oder Ärger damit verbunden sind. Achtsamkeit erlaubt uns auch schmerzhafte Aspekte zu akzeptieren. Ein Achtsamkeitstraining kann somit die Wahrnehmung und die Einschätzung einer bestimmten Situation günstig beeinflussen und damit zu Stressreduktion beitragen.

Achtsamkeitsübungen beinhalten z.B.

  • Body scan,
  • Atemmeditation,
  • Gehmeditation,
  • Hatha Yoga und
  • Grundlagen der Stressforschung.

Durch eine achtsamkeitsorientierte Bewegungsförderung kann z.B. die Grundlage dafür geschaffen werden, dass Menschen durch den Zugang zu eigenen Ressourcen mit emotionalen Belastungen und Stress besser umgehen können.

Achtsamkeit wird auch als Therapieform eingesetzt (MBCT = Mindfulness-Based Cognitive Therapy), z.B. als Bestandteil einer Traumatherapie oder als Hilfe bei der Bewältigung von Krankheiten, bei Krebs oder zur Rückfallprophylaxe von Depressionen. Bei chronischen Schmerzen helfen die Übungen eine akzeptierende Haltung gegenüber dem eigenen Körper und dem schmerzhaften Erleben zu entwickeln.

Achtsamkeit hilft, dass ältere Menschen besser mit körperlichen Beschwerden umgehen können und ein höheres emotionales Wohlbefinden aufweisen. Mitgefühl und Achtsamkeit setzten eine Haltung von Distanz voraus und fördern damit Stabilität. Der Transfer in den Alltag ist oft schwierig, weil die Rahmenbedingungen komplex sind oder Störfaktoren der Umgebung behindern. Der kleinste gemeinsame Nenner der Entspannungstechniken ist das entschleunigte Atmen, was mehr ist als nur Luft holen. Durch Atemtechniken kann z.B. Angst reduziert werden.

Konzentrationsfähig und gelassen durch Achtsamkeit

Bisweilen fällt es schwer, allen Herausforderungen des Alltags gleich kraftvoll zu begegnen oder zu entscheiden, welche Aufgaben zu 100% und welche nur mit halber Kraft gemeistert werden sollen. Dabei wäre Achtsamkeit -  ein Achten auf den eigenen Energiehaushalt - nicht nur Selbstzweck, um einen „Burn-out“ zu vermeiden.

Achtsamkeit bedeutet vielmehr, "dem Augenblick bewusst Aufmerksamkeit zu schenken" und damit konzentrationsfähig, flexibel, kreativ und in Konflikten gelassen zu reagieren. Wir haben oft kaum Gespür, was uns wirklich wichtig ist. Wenn wir an die Entschleunigung der Alltagshektik denken, geht es um Veränderungsmöglichkeiten. Achtsamkeit ist eine tiefe Ressource für den Menschen und hat neben einer Bewusstseinsentwicklung auch Wirkungen auf Gesundheit, Stressbewältigung, effektives Handeln und menschliche Beziehungen. Wallace prägte 2008 den Begriff der „Achtsamkeitsrevolution“.

Selbstfürsorge als Gesundheitsverhalten

Es ist sinnvoll, den Achtsamkeitsbegriff um den Aspekt der Selbstfürsorge zu erweitern. Selbstfürsorge als Gesundheitsverhalten definiert „eine präventive Lebensweise, die Schäden fern hält, die Fitness fördert und somit auch die Lebenserwartung verlängern kann“ (Schwarzer 2004).

  • Selbstfürsorge kann auch Selbstbeschränkung bedeuten, etwa bei der Arbeit, beim Essen oder Einkaufen.
  • Selbstfürsorge sind Aktivitäten, die physisches und psychisches Wohlbefinden aufrechterhalten oder wiederherstellen und emotionalen und körperlichen Stress ausgleichen.
  • Letztendlich ist Achtsamkeit und Selbstfürsorge unerlässlich für den Zustand einer psychischen Gesundheit, die geprägt wird aus dem Zusammenspiel von Arbeitsverhalten, Sozialverhalten, Gesundheitsverhalten und der Biologie und damit essentiell für eine ausgewogene „life balance“.

Die Entscheidung gut für sich zu sorgen ist auch in Zusammenhang mit soziokulturellen Einflüssen zu sehen und ist damit in früh erworbene Wertvorstellungen eingebunden. Claus Leggewie, ein führender Sozialwissenschaftler, prägte zu diesem Thema den Begriff „Seeleninfarkt – Seelische Krise durch gesellschaftliche Bedingungen“.

  • Gesundheit muss auch in den Unternehmen zu einem zentralen Zielwert werde.
  • Gesundheit ist mehr als ein „Schweigen der Organe“, sondern ist elementare Voraussetzung für Lebensqualität und Leistungsfähigkeit.
  • „Psychische Gesundheit ist besonders wichtig, aber sie ist mehr als das. Sie ist zentral für unser Glück.“ (Lord Richard Layard).

Mit speziellen Achtsamkeitsübungen werden bestimmte Bereiche des Gehirns wie Muskeln regelrecht trainiert – zum Beispiel der Bereich, der dafür zuständig ist, dass wir uns glücklich fühlen. Je mehr Bewusstsein wir über das erlangen, was in uns vorgeht, desto gezielter können wir auf diese Prozesse Einfluss nehmen.

Verbessern wir die Qualität unseres Denkens, Fühlens und Handelns, verbessern wir damit die Qualität unseres Lebens.

Neben der Stärkung unserer eigenen Ressourcen gilt es eine Kultur der Achtsamkeit auch in der Arbeitswelt zu implementieren. Gerade im Berufsleben ist Klarheit über sich selbst und andere von beträchtlichem Wert, denn hier ist der Stresspegel oft besonders hoch. Oft verspielen wir damit gute Karten, denn indem wir andere brüskieren, ernten wir eher deren  Widerstand statt ihrer Unterstützung. Wie oft haben Sie sich schon gewünscht, Sie hätten mehr im Einklang mit Ihren wirklichen Gefühlen, Werten und Zielen, gelassener, klüger oder mit mehr Mitgefühl gehandelt? Achtsamkeit hilft , tiefsitzende unbewusste Reiz-Reaktionsmuster zu erkennen, zu stoppen und aufzulösen. Das Thema Arbeit und Psyche und speziell psychische Belastungen am Arbeitsplatz haben hier eine zentrale Bedeutung, wenn man bedenkt, dass „burn-out als Epidemie des 21. Jahrhunderts“ immer mehr zum Gegenstand von Arbeitsunfähigkeitszeiten führt.

Zuletzt geändert am: 08.02.2022

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