Wegfall staatlicher Unterstützungen belastet Rehakliniken

Seit dem 30. Juni 2022 erhalten Reha- und Vorsorgeeinrichtungen keine staatlichen Unterstützungsleistungen mehr, um die finanziellen Einbußen, die durch die Corona-Pandemie entstanden sind, auszugleichen. Geringere Auslastungen in den Rehakliniken sowie enorme Kostensteigerung für Energieversorgung und Nahrungsmittel bedrohen die Existenz vieler Einrichtungen. Um die Versorgung zu sichern, fordern die Rehakliniken und deren Verbände nun rasche finanzielle Unterstützung. Johannesbad CEO Markus Zwick richtet einen offenen Brief an Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach.

Während der Lockdowns ging die Zahl der Reha-Aufenthalte auf ein Minimum zurück und laut dem Bundesverband Deutscher Privatkliniken e. V. (BDPK) liegt die Auslastung auch heute teilweise noch unter 70 Prozent. Zusätzlich zu diesen Einschnitten müssen die Rehakliniken die erhöhten Kosten für die Einhaltung der pandemiebedingten gesetzlichen Hygienemaßnahmen nun selbst tragen. Die bislang gewährten Zuschüsse von 6 bis 8 Euro pro Patient:in und Tag werden seit dem 30. Juni nicht mehr gezahlt. „Ohne die Fortführung der Zuschläge werden viele Einrichtungen die aufwändigen Maßnahmen nicht ohne Weiteres fortsetzen können. Wir brauchen weiterhin die Entschlossenheit der Kostenträger, sich zu ihrer Strukturverantwortung zu bekennen!“, fordert die DEGEMED-Vorsitzende Dr. Constanze Schaal. Auch im Hinblick auf möglicherweise steigende Infektionszahlen im Herbst seien die Schutzschirme der Bundesregierung notwendig, um die Versorgung zu sichern.

Die seit Monaten extrem hohe Inflationsrate belastet die Kliniken nun zusätzlich. Laut Einschätzung der CDU/CSU-Bundestagsfraktion bewegen sich die Preissteigerungen im Bereich der Medizinprodukte zwischen 3 und 15 Prozent. „Die Reha trifft es besonders hart, denn die Erlösrückgänge durch eine Minderbelegung von 20 Prozent und gleichzeitige Kostensteigerungen von über 10 Prozent kann keine Klinik lange verkraften. Für Krankenhäuser greift zumindest der Ganzjahresausgleich, auch wenn dieser die Kostensteigerungen bei Weitem nicht ausreichend kompensiert. Für die Reha gibt es nicht einmal diesen Ausgleich. Hinzu kommt aktuell die fast vollständige Rückforderung der nach dem Sozialdienstleister-Einsatzgesetz gewährten Mittel durch die Rentenversicherungsträger. Wenn Reha und Vorsorge jetzt komplett aus dem Schutzschirm fliegen, könnte das den Ruin für hunderte Einrichtungen bedeuten und tausende Beschäftigte müssten entlassen werden,“ beschreibt BDPK-Hauptgeschäftsführer Thomas Bublitz den Zustand.

Um die Insolvenz für viele Reha- und Vorsorgeeinrichtungen abwenden zu können, plädiert der Verband der Privatkrankenanstalten Bayern e. V. (VPKA) dafür, die auslaufenden Corona-Hilfen mindestens bis zum 31. Dezember 2022 zu verlängern. Zusätzlich sei unverzüglich ein Inflationsausgleich für Reha- und Vorsorgeeinrichtungen bzw. Krankenhäuser festzulegen. „Gerade mit Blick auf die hohe Zahl an Long-Covid-Fällen, bei denen die Betroffenen auf zielgerichtete Rehamaßnahmen angewiesen sind, sowie dem insgesamt sehr hohen Bedarf, der auch mit der demografischen Entwicklung in Zusammenhang steht, dürfen die Rehabilitationseinrichtungen nicht im Regen stehen gelassen werden. Eine flächendeckende Insolvenzwelle dürfen wir keinesfalls riskieren", so die Hauptgeschäftsführerin des VPKA Dr. Ann-Kristin Stenger.

"Die Gesundheit von Millionen Menschen ist in Gefahr, wenn Reha- und Vorsorgeleistungen nicht mehr im jetzigen Umfang angeboten werden können. Es ist absolut unverständlich, dass gerade jetzt, wo so viele Menschen mit Long-Covid, Burn-out oder Depressionen kämpfen, die Politik die Strukturen schwächt, die diesen Menschen einen Weg zurück ins Leben eröffnen."

Markus Zwick, Vorstandsvorsitzende (CEO) der Johannesbad Gruppe

Auch das Bündnis Kinder- und Jugendreha e. V. (BKJR) fordert Unterstützung von der Bundesregierung. Die wirtschaftliche Lage der rund 50 auf Kinder und Jugendliche spezialisierten Rehakliniken in Deutschland sei dramatisch. Der Bedarf nach Kinder- und Jugendreha steige aufgrund der Folgen von Lockdown und Homeschooling, Nachfrage und Angebot klaffe aber immer weiter auseinander. Aufgrund der noch geltenden Schutzmaßnahmen vor einer Corona-Erkrankung und kurzfristigen Reha-Absagen von Patient:innen wegen akuter Infektionen sei die durchschnittliche Auslastung der Kliniken lediglich bei 80 bis 95 Prozent. Dadurch können nicht nur weniger Kinder und Jugendliche behandelt werden, auch kommt es zu finanziellen Verlusten. "Das bedeutet seit über zwei Jahren Min­der­einnahmen von 15 Prozent bei unverändert 100 Prozent Kosten. Die Defizite betragen je nach Klinik bis zu über einer Million Euro pro Jahr“, stellt Alwin Baumann, Sprecher des BKJR, fest. Dabei sei es eigentlich notwendig, frühzeitig Übergewicht, ADHS, Angststörungen, Depressionen und Schulabsentismus bei Kindern sowie Jugendlichen zu behandeln.

"Wir sind von mehreren Herausforderungen gleichzeitig betroffen - wir bekämpfen eine Pandemie, der Personalmangel hat einen neuen Höhepunkt erreicht und die allgemeine Teuerungsrate trifft uns obendrein.", fasste Markus Zwick, der Vorstandsvorsitzende der Johannesbad Gruppe, die Lage zusammen und forderte eine sofortige Gesetzesanpassung. Andernfalls drohe vielen Rehakliniken die Insolvenz, wie die Beispiele aus diesem Jahr in Bad Salzschlirf, Bad Driburg oder auch Freyung bereits zeigten. Nun hat der Johannesbad-CEO einen offenen Brief an Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach gerichtet. Darin macht er noch einmal die alarmierende Situation seiner 13 Reha-Einrichtungen aber auch vieler anderer Rehakliniken in Deutschland deutlich: "Deutschlands Reha-Branche ist in höchster Not. Denn sie wird von der Bundespolitik inmitten der vielen Krisen im Stich gelassen. Wir Unternehmer sagen: Nicht reden! Machen!".

Konkret fordert Markus Zwick in seinem offenen Brief 3 Maßnahmen vom Bundesgesundheitsminister:

  • die Fortführung der Ausgleichszahlungen aufgrund der Pandemie-Sonderbelastungen (Mindererlösausgleich und Hygienezuschlag),
  • die Aufhebung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht
  • sowie einen inflationsausgleichenden Aufschlag auf die Vergütung.

02.08.2022

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