Re-Organisation der Zentralen Notaufnahme

am Sana-Klinikum Remscheid

Ausgangslage
Die Zentrale Notaufnahme am Sana-Klinikum Remscheid versorgt pro Jahr ca. 35.000 ambulante und stationäre Notfallpatienten. Sie ist im Grundsatz interdisziplinär ausgerichtet, es sind die klinischen Fachabteilungen

  • Kardiologie, Pneumologie und Angiologie
  • Gastroenterologie, Hepatologie, Stoffwechsel- und Infektionskrankheiten
  • Hämatologie, Onkologie und Nephrologie
  • Neurologie und Neurophysiologie
  • Allgemein-, Viszeral- und Minimal Invasive Chirurgie
  • Orthopädie und Unfallchirurgie
  • Gefäßchirurgie

in der Zentralen Notaufnahme unmittelbar vertreten. Enge klinische Kooperationen bestehen darüber hinaus zu weiteren Fachabteilungen und Zentren, z.B. dem Zentrum für Anästhesiologie (Schockraum) und der Radiologie. Das Sana-Klinikum Remscheid ist als regionales Traumazentrum zertifiziert und kooperiert im Traumanetzwerk Region Köln.

Organisatorisch war die Zentrale Notaufnahme bis August 2016 eng in das Zentrum für Innere Medizin eingebunden. Die ärztliche Leitung wurde bis zu diesem Zeitpunkt regelhaft aus der Klinik für Kardiologie rekrutiert und war darüber hinaus über einen langen Zeitraum vakant. Kompetenzen, Zuständigkeiten und Verantwortlichkeit der Leitungsfunktion waren insbesondere hinsichtlich der erforderlichen interdisziplinären Zusammenarbeit nicht eindeutig geregelt. Ebenso gab es keine Festlegungen und Absprachen mit den bettenführenden Abteilungen zum sinnvollen und notwendigen Leistungsumfang der Zentralen Notaufnahme.

Problemstellung
Aufgrund der organisatorischen Rahmenbedingungen und insbesondere der fehlenden medizinischen Leitung und Koordination hatte sich eine multidisziplinäre räumliche Einheit zur Versorgung von Notfallpatienten entwickelt. Eine wirkliche interdisziplinäre Zusammenarbeit fand kaum statt und beschränkte sich häufig auf Diskussionen um Zuständigkeiten in der Patientenversorgung. Untersuchungsprozesse und hier insbesondere technische Untersuchungen und Konsile durch verschiedene Fachabteilungen liefen in der Regel seriell ab und wurden oft durch relativ unerfahrene Assistenzärzte indiziert und angefordert. Diese waren oft geprägt vom Wunsch nach möglichst umfassender Absicherung. Häufig wurden Maßnahmen veranlasst, die über den notwendigen Umfang einer Notfallversorgung deutlich hinausgingen, um den nachgeschalteten stationären Sektor zu entlasten. Gesteuert wurden diese Prozesse – wenn überhaupt – von Oberärzten der klinischen Fachabteilungen, jedoch nicht unter dem Aspekt einer effizienten und qualitativ hochwertigen Notfallversorgung. Dies hatte Einfluss auf die Verweildauer der Patienten und, begünstigt durch ein baulich limitiertes Raumangebot, auch auf die Wartezeiten bis zum ersten Arztkontakt. Die gut etablierte Manchester Triage (MTS) konnte hier nur eingeschränkt Wirksamkeit entfalten, zumal den triagierenden Pflegekräften kein unmittelbares Weisungsrecht gegenüber den ärztlichen Mitarbeitern zukommt.

Neben der oft schwierigen Außenwirkung der Zentralen Notaufnahme mit einem hohen Maß an – teils öffentlich artikulierter – Unzufriedenheit der Patienten und einer entsprechenden Beschwerdefrequenz war die Problematik auch an messbaren Indikatoren deutlich erkennbar:

  • Durchschnittliche Wartezeit bis zum ersten Arztkontakt
  • Einhaltung der per MTS festgelegten Zeit bis zum ersten Arztkontakt
  • Anteil Patienten mit einer Wartezeit > 120 Minuten
  • Anteil Patienten mit einer Wartezeit < 30 Minuten
  • Durchschnittliche Aufenthaltsdauer in der ZNA

Die durchschnittliche Wartezeit bis zum Arztkontakt und die Einhaltung der Triagezeiten verdienen besondere Beachtung nicht nur unter dem Aspekt der Patientenzufriedenheit, sondern vor allem auch unter dem Aspekt der Patientensicherheit. Bei der Zeitspanne zwischen Ersteinschätzung und erstem Arztkontakt handelt es sich um ein therapiefreies Intervall, dass aufgrund der jederzeit möglichen Verschlechterung des Zustandes von Notfallpatienten selbst bei fehlerfreier und zutreffender Ersteinschätzung erhebliche Risiken birgt.

Strategien und Maßnahmen
Die Zentrale Notaufnahme wurde zum 01.09.2016 in eine eigenständige klinische Organisationseinheit (Fachabteilung) überführt und unter ärztliche Leitung gestellt. Der Leitende Arzt ist den Chefärzten der anderen klinischen Fachabteilungen gleichgestellt und berichtet direkt an die Geschäftsführung. Die Leitungsfunktion wurde eindeutig schriftlich definiert und mit fachlichem und organisatorischem Weisungsrecht gegenüber allen in der Notaufnahme eingesetzten Mitarbeitern ausgestattet. Hierdurch konnte eine unabhängige und handlungsfähige Führung etabliert werden.

Sodann wurden erste Strategien entwickelt und Maßnahmen umgesetzt:

  • Etablierung von Steuerungsgremien auf Ebene der Geschäftsführung
  • Klare Festlegung zur Abordnung des ärztlichen Personals aus den Fachabteilungen
  • Vereinbarungen mit den Fachabteilungen zur Zuständigkeit und zum Verantwortungsübergang
  • Etablierung einer täglichen interdisziplinären Frühbesprechung in der ZNA
  • Festlegung der grundsätzlichen Aufgaben und des Leistungsumfanges der ZNA
  • Festlegung einer Mindestqualifikation für die in der Notaufnahme tätigen Ärzte
  • Konzeptionierung und Durchführung erster Fortbildungsveranstaltungen
  • Situativ angepasste Fast-Track-Strategie (schnellstmögliche Weiterleitung auf Station)
  • Beginn Einführung First-View-Konzept (schnellstmöglicher erster Arztkontakt)
  • Zufriedenheitsbefragung des Rettungsdienstes und Ableitung erster Maßnahmen
Statistik: Durchschnittliche Wartezeit bis zum ersten Arztkontakt - Säulendiagrarmm.
Abbildung1: Durchschnittliche Wartezeit bis zum ersten Arztkontakt
Balkendiagramm Entwicklung der Triagezeit
Abbildung2: Einhaltung der vorgegebenen Triagezeit

Erste Ergebnisse

  • Die durchschnittliche Wartezeit der Patienten bis zum ersten Arztkontakt konnte im 4. Quartal 2016 von 63,3 auf 48,5 Minuten gesenkt werden
  • Einhaltung der Triagezeit (Reduzierung der Verweildauer der Patienten in der Notaufnahme von 258 auf 251 Minuten)

Ausblick

  • Etablierung weiterer Strategien zur Reduzierung von Wartezeiten und Aufenthaltsdauer (Eskalationsstufen für Regel- und Bereitschaftsdienst bei hohem Patientenzustrom)
  • Detaillierte symptombezogene Definition des notwendigen Leistungsumfangs der Zentralen Notaufnahme
  • Intensivierte Notfallmedizinische Aus- und Fortbildung der ärztlichen Mitarbeiter; Einführung eines strukturierten Curriculums („ZNA-Führerschein“)
  • Vernetzung mit der Notfallpraxis der Kassenärztlichen Vereinigung
  • Erarbeitung einer Strategie für die zeitgerechte Versorgung von Patienten der MTS-Stufe 3 (< 30 min.)

Zuletzt geändert am: 14.03.2019

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Autor

Portrait Dr. med. Stefan Kortüm

Dr. med. Stefan Kortüm Chefarzt Ambulanz- und Aufnahmezentrum
Sana-Klinikum Remscheid GmbH

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