Mangelernährung als großer Risikofaktor in deutschen Kliniken

Mangelernährung von Krankenhauspatient:innen kann schwerwiegende Folgen wie schlechtere Heilungsverläufe, gestörte Wundheilung, erhöhte Infektanfälligkeit und höhere Sterblichkeitsraten haben. Obwohl etwa ein Viertel aller Patient:innen in deutschen Krankenhäusern davon betroffen sind, findet das Thema in der Politik noch wenig Beachtung.

Krankenhausessen steht in einer Schale auf dem Tablett vor Patienten

Zahlreiche Untersuchungen kommen zu dem Schluss, dass Mangelernährung ein bedeutender Risikofaktor bei Krankenhausaufenthalten darstellt. Aus einer weltweiten Studie der Wissenschaftlerin Angelika Beirer zum Thema Mangelernährung und Krebs geht sogar hervor, dass bei 20 Prozent der verstorbenen Krebspatient:innen nicht die Krebserkrankung, sondern Mangelernährung die Todesursache ist. Neben Tumorerkrankten sind besonders Menschen mit Magen-Darm-Erkrankungen und Patient:innen der Geriatrie davon betroffen. Auch im Rahmen der Corona-Pandemie spielt das Thema eine wichtige Rolle. Mangelernährte Patienten und Patientinnen tragen ein höheres Risiko für einen schweren oder sogar tödlichen Verlauf der Erkrankung.

Screenings und eine individuell angepasste Verpflegung könnten sinnvolle Schritte sein, um Mangelernährung frühzeitig zu erkennen und zu behandeln. Aus Sicht des Verbands der Diätassistenten (VDD) müsste jede Klinik eine eigene Abteilung für Ernährungsmanagement haben, um diese Schritte umsetzen zu können. Eine Schweizer Studie konnte belegen, dass Ernährungsteams, die die Ernährung individuell an die Bedürfnisse der Patient:innen anpassen, das Wohlbefinden und die Heilungschancen verbessern und Überlebenschancen erhöhen können.

Die Realität in den Kliniken sieht bisher aber anders aus. Es bestehen keine verbindlichen Qualitätsvorgaben für die Verpflegung. Um Kosten zu sparen, werden viele Stellen für Diätassistent:innen gestrichen und pro Tag und pro Person stehen nur etwa fünf Euro für Lebensmittel zur Verfügung.

Das Thema sei „essenziell für Millionen Patient:innen und trotzdem bei keiner Partei auf der politischen Agenda“ kommentiert Martin Smollich, Professor für Pharmakonutrition am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein. Bisher sah das Bundesgesundheitsministerium keinen politischen Handlungsbedarf. „Für die Verpflegung im Krankenhaus sind die Kliniken im Rahmen ihrer Organisationshoheit selbst verantwortlich. Eine gesunde und patientenorientierte Verpflegung erscheint in soweit als Aspekt, bei dem sich die Krankenhäuser im Wettbewerb um die Patientinnen und Patienten in eigenem Interesse engagieren“, teilte das Ministerium Mitte 2020 auf Anfrage mit. Auch der Koalitionsvertrag der Ampelregierung thematisiert die Problematik der Mangelernährung in Kliniken nicht. Laut Aussage der stellvertretenden Fraktionschefin der Grünen, Maria Klein-Schmeink, sollen diese Fragen aber im Rahmen der Ernährungsstrategie, die bis 2023 angekündigt ist, behandelt werden.

22.02.2022

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